Überall in München stehen Baukräne, wirklich bedeutende Altbauten sind in den letzten Jahren aber eher selten abgerissen worden. Auf der Abbruchliste stehen aktuell Bauten der Nachkriegszeit, die allerdings meist weniger störend im Stadtbild wirkten als die an ihre Stelle getretenen maßstabs- und phantasielosen Großbauten.
„Man glaubt es kaum, aber es entstehen in München vereinzelt auch schöne neue Bauten“ (gemeint ist das neue Volkstheater). Vereinzelt sind sogar historisierende Versuche in unserer zeitgenössischen Architektur zu finden, die zwar etwas unbeholfen wirken, im Vergleich mit der längst kraftlos gewordenen „Moderne“ aber durchaus auf Interesse stoßen. Ein wirklich neuartiger Stil wäre -nach über hundert Jahren der Sachlichkeit- schon längst fällig.
„Ich mag diese Stadt nicht mehr“ lautete die Überschrift eines Artikels in der Süddeutschen Zeitung vom 2. September 2022. Dort wird Wolfgang Zängl zitiert, der in Milbertshofen die von seinen Eltern geerbte Fabrik zu einem „Kulturpark“ umfunktioniert hat und allen Kaufangeboten widersteht. Er spricht vom „Moloch München“ und lehnt Hochhäuser aus „ökologischen Gründen“ ab. Die Münchner Stadtplanung wird (nicht nur von ihm!) wegen ihrer Wachstumshörigkeit kritisiert.
Eine im Herbst 2021gezeigte Ausstellung „München von oben herab“ besuchten im Nymphenburger Geranienhaus innerhalb von knapp drei Wochen etwa 1500 Besucher, die 170 Kommentare im Gästebuch hinterließen. Nur vier (4!) davon wünschten sich für München noch mehr Hochhäuser; etwa die gleiche Anzahl protestierte lauthals gegen die Ausstellung, ohne aber konkrete Kritik zu äußern oder gar im Gästebuch niederzuschreiben. Zu sehen waren eben Fotos vom bereits veränderten Stadtbild, wie es sich heute tatsächlich präsentiert.
Ein repräsentatives Meinungsbild zur aktuellen Stadtentwicklung im Bereich der Friedenheimer Brücke (Paketpost-Areal) mit zwei 155 Meter hohen Türmen wurde vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung in einer großangelegten Meinungsumfrage bezahlt und mit einer Gruppe von angeblich „zufällig ausgewählten Bürger-Innen“ erarbeitet. Befremdlich, dass die Ergebnisse dieser Befragung erst nach einer dreimonatigen „Bearbeitung“ der Öffentlichkeit vorgestellt werden sollten. Angedacht war zudem seitens des Planungsreferates eine „Hilfe durch professionelle Gutachter“ (klingt eher nach einem Synonym für Beeinflussung). Sie fiel erwartungsgemäß zu Gunsten der Hochhaus-Befürworter aus.
Vielleicht liefert die derzeitige Stadtplanung der nächsten Generation unfreiwillig sehr viel Material für viele neue „Münchner Abreißkalender“?
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