Münchner Abreissklander 2023

Münchner Abreissklander 2023

Überall in München stehen Baukräne, wirklich bedeutende Altbauten sind in den letzten Jahren aber eher selten abgerissen worden. Auf der Abbruchliste stehen aktuell Bauten der Nachkriegszeit, die allerdings meist weniger störend im Stadtbild wirkten als die an ihre Stelle getretenen maßstabs- und phantasielosen Großbauten.

„Man glaubt es kaum, aber es entstehen in München vereinzelt auch schöne neue Bauten“ (gemeint ist das neue Volkstheater). Vereinzelt sind sogar historisierende Versuche in unserer zeitgenössischen Architektur zu finden, die zwar etwas unbeholfen wirken, im Vergleich mit der längst kraftlos gewordenen „Moderne“ aber durchaus auf Interesse stoßen. Ein wirklich neuartiger Stil wäre -nach über hundert Jahren der Sachlichkeit- schon längst fällig.

„Ich mag diese Stadt nicht mehr“ lautete die Überschrift eines Artikels in der Süddeutschen Zeitung vom 2. September 2022. Dort wird Wolfgang Zängl zitiert, der in Milbertshofen die von seinen Eltern geerbte Fabrik zu einem „Kulturpark“ umfunktioniert hat und allen Kaufangeboten widersteht. Er spricht vom „Moloch München“ und lehnt Hochhäuser aus „ökologischen Gründen“ ab. Die Münchner Stadtplanung wird (nicht nur von ihm!) wegen ihrer Wachstumshörigkeit kritisiert.

Eine im Herbst 2021gezeigte Ausstellung „München von oben herab“ besuchten im Nymphenburger Geranienhaus innerhalb von knapp drei Wochen etwa 1500 Besucher, die 170 Kommentare im Gästebuch hinterließen. Nur vier (4!) davon wünschten sich für München noch mehr Hochhäuser; etwa die gleiche Anzahl protestierte lauthals gegen die Ausstellung, ohne aber konkrete Kritik zu äußern oder gar im Gästebuch niederzuschreiben. Zu sehen waren eben Fotos vom bereits veränderten Stadtbild, wie es sich heute tatsächlich präsentiert.

Ein repräsentatives Meinungsbild zur aktuellen Stadtentwicklung im Bereich der Friedenheimer Brücke (Paketpost-Areal) mit zwei 155 Meter hohen Türmen wurde vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung in einer großangelegten Meinungsumfrage bezahlt und mit einer Gruppe von angeblich „zufällig ausgewählten Bürger-Innen“ erarbeitet. Befremdlich, dass die Ergebnisse dieser Befragung erst nach einer dreimonatigen „Bearbeitung“ der Öffentlichkeit vorgestellt werden sollten. Angedacht war zudem seitens des Planungsreferates eine „Hilfe durch professionelle Gutachter“ (klingt eher nach einem Synonym für Beeinflussung). Sie fiel erwartungsgemäß zu Gunsten der Hochhaus-Befürworter aus.

Vielleicht liefert die derzeitige Stadtplanung der nächsten Generation unfreiwillig sehr viel Material für viele neue „Münchner Abreißkalender“?

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2 Gedanken zu „Münchner Abreissklander 2023

  • Oktober 2022 – Moloch München
    15. Oktober 2022 um 11:54 am Uhr

    […] Oktober 2022: Münchner Abreisskalender. Der Münchner Abreisskalender mit zwölf Beispielen u. a. vom Abriss schöner Altbauten und vom grotesken Investoren-Neubauten ist jetzt erhältlich: hier […]

  • Erik Becker
    8. Oktober 2022 um 11:56 am Uhr

    Ja Servus!
    Offensichtlich bin ich gar nicht der einzige, dessen Augen bei einem Spaziergang durch die Maxvorstadt, Neuhausen oder Schwabing anfangen zu tränen angesichts der Rücksichtslosigkeit, mit der an jeder Ecke das Stadtbild “(post-)modernisiert” wird. Bei den meisten Begleitern stößt man jedoch, wenn man sein Leid klagt, eher auf Gleichgültigkeit oder Unverständnis.
    Die Verantwortlichen bei den Behörden wollen anscheinend mit den großen Hunden pinkeln gehen, können aber nicht mal ihr Bein richtig heben.
    Neubauten ohne jeden Esprit und menschliches Maß, und man kann sich beim Betrachten schon heute das verschimmelte Sockelgeschoss, die stinkende Lieferantenzufahrt und die verschmierten Fenster der leerstehenden Büros in zehn Jahren vorstellen.
    Früher war weiß Gott nicht alles besser, aber es muss einst Stadtväter geben haben, die ein Gesamtkonzept im Kopf und Sinn für Ästhetik im Herz hatten. Wo sind sie geblieben?
    Ich stimme mit Herrn Zängl überein: auch ich mag diese Stadt ohne Eigenschaften nicht mehr. Warum sollte ich in München Wuchermieten zahlen, wenn es hier aussieht wie in ______________ (beliebige Stadt Ihrer Wahl einsetzen)? Wenn ich Investorenarchitektur um mich herum haben will, kann ich auch nach Leverkusen ziehen.
    Herzliche Grüße aus der Nymphenburger Straße

    Erik Becker

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